Wie viel finanziellen Polster sollte man haben?
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Camillo: Wie viele finanzielle Polster sollte man bei der Gründung haben? Herzlich willkommen. Mein Name ist Camillo und ihr kennt meine Stimme. Gegenüber sitzt Günther. Ich freue mich den heutigen Podcast mit der Frage, wie viel finanziellen Bolster sollte man bei der Gründung haben, das wir uns da beschäftigen. Ich schätze oder schlage vor, wir nehmen uns wieder 15 Minuten Zeit, uns dieser Frage zu stellen. Ich starte mal den Timer. Bitte lieber Günther, Was sagst du spontan oder aus deiner Erfahrung? Wie hoch ist der finanzielle Polster?
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Günter: Also ich glaube nicht, dass wir 15 Minuten brauchen. Meine spontane Antwort ist, so viel wie möglich. Ja, also und ich glaube, damit ist alles gesagt. Alles, was wir jetzt noch besprechen werden, sind Details zu der Frage, so viel wie möglich. Also ich glaube tatsächlich und davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt, je mehr finanziellen Polster ich habe bei der Gründung, desto entspannter werde ich sein und desto erfolgreicher wird es sein. Vielleicht ein Wort dazu, was meine ich mit finanziellen Polster. Die Idee ist, dass wir ja unsere Gründung, unser Business starten, von dieser Gründung, von diesem Business
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Günter: früher oder später zu leben. Das heißt, wir wollen Umsatz machen, wir wollen Gewinn machen. Das heißt, diese Selbstständigkeit soll ja zu unserem Einkommen beitragen. Und das ist unbestritten, das soll auch so sein. Die Frage ist nur, dieses früher oder später, kommt das früher oder später? Und das können wir eben nicht sagen. Das bleibt ein bisschen, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, Glückssache. Das ist einfach unplanbar. Das ist diese Unsicherheit, mit der wir in der Selbstständigkeit einfach leben müssen. Wir müssen es aushalten, dass wir eben wissen, okay, ich weiß nicht, wann ich soweit bin, dass
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Günter: ich tatsächlich regelmäßig so viel Einkommen bekommen werde, wie ich brauche. Und diese Phase zu überbrücken und zu sagen, okay, ich habe Erspartes für den Anfang, dieses Einkommen auszugleichen, das vielleicht noch nicht in voller Umfang aus der Selbstständigkeit kommt. Das wäre finanzielle Polster, der mich und meine GründerInnen, die ich bis jetzt begleitet habe, eigentlich gut schlafen lässt?
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Camillo: Ich habe damals dieser finanzielle Polster, das habe ich für mich Spielgeld genannt. Ja, so quasi, das kriegt einen anderen Charakter dran, weil ich traue mich sozusagen mit dem Geld zu arbeiten, es auszugeben, zu probieren und halt zu beobachten, ob es losgeht. Aber du hast jetzt gesagt, so viel wie möglich. Man kann es auch übertreiben.
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Günter: Nein, aus meiner Sicht nicht.
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Camillo: Für mich gäbe es schon Obergrenzen, wo ich sage, und auch Untergrenzen. Aber Ich bleibe mal bei der Obergrenze. Ähnlich wie wir einmal das Thema in einem Podcast besprochen haben, so quasi, ich muss mich trauen, einmal loszugehen und gründen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, so mehr oder weniger, wann starte ich und wann starte ich nicht so. Und wenn ich das jetzt ein bisschen umlege auf diese Frage, dann ja, ich kann natürlich mehrere Monatsgehälter, mehrere Jahresgehälter mir auf die Seite räumen Und auch nie in die Gründung gehen, weil ich immer sage, ich habe noch zu wenig und ich habe
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Camillo: noch zu wenig und ich brauche noch. Das heißt, ich glaube, was hier wichtig ist, sich irgendwo ein Ziel zu setzen. Da kann helfen, wenn ich mir mal grob überlege, was brauche ich denn überhaupt? Also so eine kleine Kalkulation, laufende betriebliche Kosten, einfach so eine, was könnte ich Umsatz machen? Also mal klein anfangen, muss jetzt noch nicht die komplett fertige Planumsatzkalkulation sein, aber einfach mal herzugehen und zu sagen, wie viel glaube ich denn zu brauchen, und dann mir zu überlegen, naja, wie hoch sollte mein Bolster sein, wie viel Zeit gebe ich mir für diese Anlauf- oder Startphase.
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Günter: Wie viel Zeit gibst du dir für die Anlaufphase? Was würdest du konkret sagen?
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Camillo: Ich kann nur von mir sprechen. Und nein, ich mache es provokativ. Ich sage ein halbes Jahresgehalt.
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Günter: Ein halbes Jahresgehalt, okay. Das heißt so sechs Monate ungefähr. Genau. Das heißt, dass man sechs Monate ohne Umsatz auskommen könnte und du trotzdem weiter gut leben könntest. Genau.
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Camillo: Warum sage ich das einfach so? Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht. Und jeder Mensch hat ein anderes Sicherheitsempfinden. Es gibt vielleicht Leute, die das jetzt hören und sagen so, Gottes willen, Nein, ich brauche ein ganzes Jahr. Es gibt Leute, die sagen, zwei Monate. Und sonst ist mir wurscht. Aber ich bin quasi zu dieser Zahl damals gekommen, wo ich gesagt habe, Wenn ich gründe, kann es sein, dass ich vielleicht einen Monat, eineinhalb Monate noch keine Kunden habe oder noch nicht davon leben kann. Oder halt irgendwelche unvorhergesehene Dinge passieren. Es geht sich nicht aus. Es kann sein,
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Camillo: dass ich gerade Weihnachten, Ostern irgendwelche Feiertage erwische im großen Stile, dann ist wieder ein halbes Monat bis Monat weg. Es kann sein, dass ich mich in der Zeit vielleicht irgendwo noch weiterbilden möchte, irgendeine extra Meile gehen muss, weil mir noch irgendwo vielleicht habe ich was übersehen, ich muss nachschärfen bei meinem Businessmodell. Es kann sein, ich bin Sportler, ich verletze mich, ich weiß nicht, Es kommt irgendwas von außen, wo ich mir gedacht habe, selbst wenn ich jetzt, wenn alles gut geht, ja und ich stelle fest, ich bin doch keine selbstständige Person, da habe ich mich irgendwo verlaufen,
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Camillo: das geht nicht, ich glaube es funktioniert nicht, ich suche mir wieder einen Job. Ja. Glaube ich, dass man innerhalb von einem halben Jahr dieses erste Gefühl, diese Testphase plus auch eine Phase, die es wieder braucht, in einen neuen Job reinzukommen, gut abgedeckt ist. Und darum bin ich da auf dieses halbe Jahr gekommen, wo ich sage, kommt auf die Branche an, es kann sein, dass ich relativ rasch wieder einen Job finde, aber ich habe damals gut schlafen können, wenn ich ein bisschen mehr auf der hohen Kante hatte, einfach mich ausprobieren zu können und auch einen längeren Beobachtungszeitraum
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Camillo: habe. Also nicht so quasi, ich gründe, ich schaue mir das an, geht nicht, okay, dann mache ich was anderes. Das ist nicht mein Gedanke, sondern eher zu sagen, ich habe auch Zeit, mir das ein bisschen anzuschauen und könnte mittlerweile alle Stricke reißen, hätte ich auch noch Buffer, so mehr oder weniger, zum Rekruter.
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Günter: Ja, genau. Also dieser finanzielle Polster schafft in erster Linie auch Freiheit. Und zu sagen, okay, ich habe entweder Freiheit, länger zu beobachten, ich habe Freiheit, Dinge auszusitzen, Ich habe Freiheit, vielleicht auch in aller Ruhe mir einen Nebenjob oder vollen Job zu suchen, wenn ich draufgemarkert bin. Das ist auch nicht das Richtige für mich. Das heißt, ich gewinne Zeit damit, kann entspannt sein und muss nicht aus einer Stresssituation her Entscheidungen treffen. Ich glaube, das ist auch das Entscheidende. Wenn das Geld ausgeht, ist es eine extrem stressige Situation. Und in solchen Situationen Entscheidungen zu treffen, Da kommen meistens
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Günter: nicht besonders schlaue Entscheidungen raus.
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Camillo: Es ist wie wenn ich keine Notgroschen habe und die Waschmaschine ist kaputt. Oder das Auto geht ein. Ja, und ich brauche sofort irgendein Gerät oder Fahrzeug. Dann wäre ich hier in eine Entscheidung hineingezwungen, die nicht bedacht sein kann aufgrund von der Kürze. Das heißt, ich werde das nächstbeste nehmen, das nächstbeste Angebot, aber erfüllt es dann den Zweck oder die Dinge, auf die ich normalerweise achten würde? Das ist halt immer, da bin ich dann, da stehe ich mit dem Rücken zur Wand. Genau. Und ich glaube ein guter Richtwert für diesen finanziellen Polster ist, in der momentanen Lebenssituation,
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Camillo: wo ich mich befinde, also wenn ich jetzt in einem Angestelltenverhältnis bin oder wenn ich jetzt gerade Student bin oder was auch immer, dann weiß ich ja, was ich sozusagen verdiene durch meinen Dienstverhältnis, beziehungsweise auch was ich zum Leben brauche, zumindest grob. Es wäre schlau, sich irgendwie ein Haushaltsbuch zu machen, das konkreter zu wissen, also nicht vom Bauchgefühl das zu entscheiden, aber nur wenn ich jetzt mal das Gehalt rechne, was ich da vielleicht bekomme und das hochrechne, dann glaube ich ist das schon einmal ein guter Richtwert, wo ich sage, mit dem kann ich als Polster arbeiten.
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Günter: Genau, und ich glaube, wie du gesagt hast, es gibt hier, man kann natürlich sagen, okay, es gibt bestimmte Empfehlungen, aber in Wirklichkeit ist es eine persönliche Einschätzung von dem, du hast einen gut schlafen, das können, wie du gesagt hast, zwei Monate sein oder sechs Monate oder zwölf Monate. Da hilft es einfach in sich selber hinein zu horchen. Und man muss auch sagen, nicht jeder hat die Möglichkeit auch zwölf Monate auf die Seite zu haben. Also man muss mit dem arbeiten, was da ist.
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Camillo: Das ist so diese Gratwanderung.
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Günter: Genau, das glaube ich auch. Deswegen habe ich gesagt, so viel wie möglich, im Sinn von so viel halt möglich ist, auf die Seite zu legen, aber auch nicht darauf zu warten, dass irgendwann das Bankkonto so gefüllt ist, dass einem nichts mehr passieren kann, weil dieser Tag wird nie kommen.
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Camillo: Es gibt ja da, wenn man im Detail schaut, viele Zugänge. Also ein Detail war, ich wollte nicht meine Erspartes auf null bringen, sondern ich habe einfach gesagt, welchen Betrag, also was sehe ich als finanziellen Bolster
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Camillo: wenn der verbraucht ist, habe ich dann quasi noch eine Reserve, wo ich sage, okay, das hat jetzt nicht funktioniert mit der geschäftlichen Tätigkeit, aber ich habe sozusagen noch ein bisschen Erspartes und komme wieder unten. Es ist immer schwierig, aus welcher Situation starte ich. Also wenn ich jetzt nach meinem Studium arbeitslos bin und auf Jobsuche bin, dann wäre ich mir wahrscheinlich keinen hohen finanziellen Bolster aufbauen können. Aber je nach Risikoempfinden werden mir vielleicht Maßnahmen in den Sinn kommen, wo ich sage, okay, da muss ich es noch ein bisschen vertragen. Vielleicht kann ich mir irgendwo doch noch einen
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Camillo: Job suchen, ein paar Einnahmen generieren und sagen, okay, und dann habe ich quasi hier ein bisschen eine Möglichkeit, nicht rühren zu können.
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Günter: Ja, ich denke, das ist auch die Stärke einer Gründungsberatung, dass man das tatsächlich mit jemandem besprechen kann und sagen kann, okay, wie schaut es aus, wie komme ich eben auf die Zahl zu sagen, was brauche ich im Monat? Was ist ein sinnvoller Sicherheitspolster? Auch wie lange schätzen wir ein, dass es dauert, bis wir den ersten Kunden finden? Das ist nicht in jeder Branche gleich. Wie lange dauert es, bis wir sozusagen den Umsatz bekommen, den wir da anstreben? Ich glaube, dass es schwierig ist, das alleine alles zu beantworten. Da hilft es tatsächlich, sich auszutauschen. So ist zumindest
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Günter: meine Erfahrung in der Gründungsberatung. Und noch einen Aspekt möchte ich vielleicht einbringen. Wenn du es schaffst, tatsächlich neben Camillos sechs Monate, den Camillo-Zeitraum da auf der Seite zu haben, dann bist du wahrscheinlich schon vorn dabei. Wenn man sich anschaut, was Unternehmen, also wir sprechen jetzt von existierenden Unternehmen, da an Sicherheitspolster haben, und da spricht man auch von finanzieller Reichweite. Das heißt, wie lange überleben denn Unternehmen da draußen, wenn sie aus welchem Grund auch immer, keinen Umsatz machen? Wie viele Monate können die da durchhalten? Und dann ist es in Österreich so, dass wir ungefähr bei zweieinhalb
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Camillo: Wochen sind.
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Günter: Das heißt, das Sicherheitspolster von österreichischen Unternehmen, da reden wir nicht von sechs Monaten, sondern auch nicht von sechs Wochen, sondern ein Drittel ungefähr davon. Das heißt, jetzt positiv formuliert, wenn jedes Monat, jede Woche, die du zusätzlich an Sicherheitspolster hast, schafft dir diese Freiheit, ein weiteres Monat, eine weitere Woche tatsächlich am Ball zu bleiben und deine Gründungsidee tatsächlich umzusetzen und gibt dir die Freiheit und gibt dir auch die Sicherheit tatsächlich an deinem Gründungstraum, an deinem Unternehmertraum tatsächlich zu arbeiten. Das heißt, du darfst diese eine Woche länger am Ball bleiben, du darfst bis diese eine Woche länger
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Camillo: im Spiel sein.
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Günter: Ich glaube, so
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Camillo: muss man es sehen. Wie viele Tage oder vielleicht wie viele Wochen und im besten Fall wie viele Monate habe ich Spielraum? Genau. Wie lange kann ich zuschauen und ausprobieren, bis ich eine Entscheidung treffen muss. Ich glaube, das ist der Schlüssel. Du hast eine spannende Frage. Also ich habe mir gerade gedacht, es wäre eine spannende Frage, sich mit dem Thema der Liquidität, wie viel Liquidität brauche ich, nochmal extra auseinanderzusetzen, weil ich glaube schon, dass das eine andere Fragestellung ist nochmal. Aber wenn man jetzt wirklich vor der Gründung schaut und wie viel finanziellen Bolster brauche ich, dann gebe
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Camillo: ich dir recht, so viel wie es möglich ist, das man aufstellen kann. Und es schwingt wahrscheinlich immer dieses Sicherheitsempfinden rein.
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Günter: Ja, klar.
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Camillo: Und da einfach für sicher mal zu schauen, wie risikobereit bin ich, Was für ein Sicherheitsverständnis habe ich oder brauche ich? Und wie gelingt es mir, mein Ziel zu erreichen? Mein finanzielles Ziel, damit ich sage, so, und jetzt habe ich sozusagen mal einen guten Proben und kann loslegen mit anderen Dingen.
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Günter: Genau, also auf den Punkt gebracht denke ich, so wie ich am Anfang gesagt habe, finanzieller Polster so viel wie möglich. Also jeder Tag zählt, jeden Tag, den ich an Freiheit gewinne und nicht dranbleiben kann, ist wertvoll, an und für sich schon. Und gleichzeitig gilt aber auch, warte nicht, bis du irgendwelche Kontostände erreicht hast, weil dann…
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Camillo: Das kann
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Günter: ewig dauern. Erstens, das kann ewig dauern. Und zweitens, aus meiner Erfahrung, egal, Was du jetzt sagen würdest, dass die Zahl ist, ab dann, es dann perfekt ist, sie stimmt nicht. Es gibt diese Zahl nicht, an der deine Geldsorgen ein für alle Mal gelöst werden. Es wird nicht vorkommen. Deswegen ist jeder Polster besser als keiner. Aber lass dich nicht aufhalten in deinem Gründungsvorhaben. Du hast wahrscheinlich ein gutes Gefühl dafür, wann du so weit bist und dann ist auch der richtige Zeitpunkt zu starten.
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Camillo: Ja, ich glaube, wir haben uns der Frage gestellt.
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Günter: Ja, jetzt haben wir doch länger als gedacht. Wir haben doch wieder 15 Minuten gebraucht, aber gut ist es.
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Camillo: Ich stoppe mal die Zeit, dass uns der Wecker nicht unterbricht.
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Günter: Ab zehn Sekunden hätten wir noch. Genau, bitte.
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Camillo: Ja, danke lieber Günther. Falls du jetzt auch Lust und Laune hast, mehr über unsere Fragen, mit denen wir uns beschäftigen, zu hören oder dich damit zu beschäftigen, folge uns gerne auf diesem Podcast, kontaktiere uns, wenn du Fragen hast, auf LinkedIn oder direkt per E-Mail. Wir laden dich gerne ein für ein Erstgespräch und freuen uns, wenn wir uns austauschen können. Danke dir, lieber Günther, und ich freue mich, wenn wir uns der nächsten Frage stellen.